Lewentz: Katastrophenschutz im Land wird neu ausgerichtet
Eine zentrale Landeseinrichtung, die Stärkung der Kommunen und rechtliche Anpassungen: diese drei Säulen stehen im Fokus der von Innenminister Roger Lewentz vorgestellten Planungen der Landesregierung zur Neuausrichtung des rheinland-pfälzischen Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes.
„Die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr, die unser Land so schwer getroffen hat wie keine Naturkatastrophe zuvor, aber auch dürrebedingte Wald- und Vegetationsbrände und Rekord-Niedrigwasserstände zwingen die Gesamtgesellschaft zu einem Umdenken. Die sich rasant wandelnden klimatischen Bedingungen zeigen uns, dass der Klimawandel uns auch vor der eigenen Haustüre betrifft. Auch der Blick auf die zivile Verteidigung hat sich verändert. Seit Ende Februar ist die Welt eine andere. Diesen Herausforderungen muss sich auch ein krisenfestes System des Katastrophen- und Bevölkerungsschutzes neu stellen“, so Lewentz.
Das Referat für Brand- und Katastrophenschutz der ADD sowie die Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie (LFKA) sollen zu einer Landesoberbehörde, der zentralen Landeseinrichtung für den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz zusammengeführt werden. Mit den für den Haushalt 2023/24 vorgesehenen Vollzeitäquivalenten (VZÄ) stehen bei ADD und LFKA bereits 144 VZÄ zur Verfügung. Neben dem bisherigen und dann zusammengeführten Personalkörper von ADD und LFKA werden weitere Personalaufstockungen notwendig sein. Die zentrale Landeseinrichtung wird bei Bedarf die Einsatzleitungsfunktion auf Landesebene ausüben. Den Einsatzleiter sollen bei der Ausübung der Funktion im Einsatzfall sowohl ein Verwaltungsstab, als auch ein operativ-taktischer Stab (Gefahrenabwehrleitung) unterstützen. In beiden Stäben arbeiten notwendigenfalls auch Vertreter anderer Behörden mit. Im Falle eines Starkregenereignisses erfolgt beispielsweise die Einbindung von Vertretern des Landesamts für Umwelt (LfU) als zuständiger Fachbehörde des Landes zur Interpretation meteorologischer und hydrologischer Daten. Zur Stärkung dieser Struktur und Abläufe soll es Übungen geben.
„Neben der Einsatzvorplanung sowie der Aus- und Fortbildung der Einsatzkräfte und Verwaltungen soll diese Behörde ein an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr mit Experten aus dem Brand- und Katastrophenschutz besetztes Lagezentrum betreiben“, sagte der Minister. Ein „Gemeinsames Kompetenzzentrum Katastrophen- und Bevölkerungsschutz“ (GeKoB-Land) als Pendant zum neuen Kompetenzzentrum auf Bundesebene soll dauerhaft und nachhaltig für eine Vernetzung aller Akteure sorgen. Dazu gehören die Kommunen, die Hilfsorganisationen, das Technische Hilfswerk (THW), die Bundeswehr, die Landespolizei, aber beispielsweise bei einem Starkregenereignis auch Landesbehörden wie das Landesamt für Umwelt oder bei einem Erdbeben das Landesamt für Geologie und Bergbau.
Auch künftig sollen die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Katastrophenschutzbehörden zuständig bleiben und im Regelfall auch die Einsatzleitung wahrnehmen, weil dort die beste Ortskenntnis vorliegt. Das Land wird eine Vereinheitlichung der Strukturen forcieren. Zudem sollen regionale Lager- und Logistikzentren eingerichtet werden. Vorhandene Einsatzmittel sollen landesweit organisatorisch zu einheitlichen und schlagkräftigen Einheiten pro Region zusammengefasst werden, um sie besser in der überörtlichen Unterstützung einzusetzen.
„Mit einem Sonderförderprogramm in Höhe von zwei Millionen Euro zur Förderung von geländegängigen und watfähigen Einsatzfahrzeugen stärken wir kurzfristig den Fahrzeugbestand. Geländegängige Fahrzeuge unterstützen unsere Feuerwehrleute nicht nur bei Hochwasserereignissen, sondern auch bei Waldbränden, wie wir sie dieser Tage leider immer wieder erleben müssen“, so Lewentz. Im Juli sei außerdem der Zuschlag für zwei neue Polizei-Hubschrauber erteilt worden. Für die Beschaffung sind im Landeshaushalt 32,5 Millionen Euro vorgesehen. Nach derzeitiger Planung stehen die neuen Modelle im ersten Halbjahr 2024 zur Verfügung. Die Belange des Bevölkerungsschutzes wurden berücksichtigt. Die Hubschrauber werden somit auch wie bisher für die Brandbekämpfung einsetzbar sein. „Die Löschsäcke fassen dann über 800 Liter im Vergleich zu bisher 450 Liter. Zusätzlich wird auch die Personenrettung mittels Rettungswinde möglich sein“, sagte der Minister.
Ein landesweites System zur gegenseitigen Führungsunterstützung soll aufgebaut und die integrierten Leitstellen durch einen rund um die Uhr besetzten Lagedienst-Mitarbeiter verstärkt werden. Dafür sind im Haushalt 2023/24 bereits 616.000 Euro vorgesehen.
Grundlage der Anpassungen zur Neuausrichtung sind einheitliche, verbindliche Vorgaben für alle am Katastrophenschutz Beteiligten und über alle Verwaltungsebenen hinweg. In anderen Bundesländern ist der Katastrophenschutz häufig als Auftragsangelegenheit organisiert. „Wir stellen uns das auch künftig für Rheinland-Pfalz so vor, wollen das aber mit den Kommunen besprechen. Eine Novellierung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes würde dann die kommunale Selbstverwaltung im Katastrophenschutz in die staatliche Auftragsverwaltung überführen. Das ermöglicht dem Land neben der Rechtsaufsicht auch die Ausübung der Fachaufsicht“, erläuterte der Minister.
„Wir haben den Katastrophenschutz auch in diesem laufenden Jahr bereits gestärkt. Das Land stellt 2022 insgesamt rund 54 Millionen Euro zur Sicherung der Strukturen im Brand- und Katastrophenschutz sowie im Rettungsdienst zur Verfügung. Das ist eine Steigerung um 8,1 Millionen Euro gegenüber dem Jahr 2021, die den hohen Stellenwert des Brand- und Katastrophenschutzes dokumentiert“, betonte Lewentz abschließend.